1.Tag: Ravenna – Sant’Arcangelo di Romagna, 61 km


Vorbereitungen zur Tour

Ja, Ihr habt richtig gelesen! Ich bereite mich auf diese Tour vor, indem ich eine Einweisung in das Schlauchwechseln nach dem Motto 1-2-x von meinem Mann Harald erhalte. 1-2-x ist nach alter Bundesheermanier kein Toto-Spiel sondern bedeutet:

1 x vorzeigen

2 x nachmachen lassen

x – mal üben

Ich verzichte auf das x, denn es ist bereits der Abend vor meiner Abreise und ich lasse mir die Prozedur einmal vorzeigen. Danach versuche ich im Schweiße meines Angesichts mit Stirnlampe und bei kühler Temperatur den Hinterreifen zweimal hintereinander zu wechseln. runter – rauf – runter – rauf, inklusive Mantelkontrolle usw. Alles gelingt einwandfrei und meine Anspannung lässt ein wenig nach. Zur Sicherheit packe ich die große Luftpumpe ein, damit ich nicht wieder in Schwierigkeiten komme. Luftpatronen hab ich auch dabei und im Zuge dieser „Schulung“ wurde mir auch gezeigt, wie man sie verwendet, aber ganz vertrau ich den Dingern nicht…


Aufbruch mit dem Auto

Irgendwie bin ich ein bisschen nervös, weil es in eine Region geht, die ich noch nicht kenne und ich zu einem Zeitpunkt unterwegs sein werde, wo es kühl werden könnte (Ende Oktober/Anfang November) bzw. wo aufgrund der Corona-Situation besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden. Ich versuche meine Zweifel und Ängste beiseite zu schieben und singe laut zur Playlist der „Cantautrici Italiane“. Da kann ich von jedem Lied den Text auswendig und das heitert mich ein wenig auf. „Gente di Mare“, „Canzone del Sole“, „Laura non c’è“, „L’anno che verrá“ usw.

Die Stimmung hebt sich, als auf der Dammstraße Via Romea kurz vor Chioggia (rechts und links von mir liegt die Lagune von Venedig) die Sonne aufgeht. Die meisten zu Hause schlafen noch (Herbstferien) und ich bin schon bald in Ravenna – wie geil!! Abfahrtszeit in Villach: 4:30 Uhr – Ankunft in Ravenna: ca. 9:00 Uhr

Über die Via Romea kann ich die ganze Gegend, die ich vor kurzem noch mit dem Rad abgefahren bin, zwar noch einmal sehen – Porto Viro, Po-Delta, Comacchio – aber die Straße an sich ist nicht ohne! Durch die vielen LKWs gibt es ununterbrochen waghalsigste Überholmanöver auf der Gegenfahrbahn und ich muss mehrere Male runter bremsen, damit es zu keiner Kollision kommt. Ich würde die etwas längere, aber dafür sicherere Strecke über die Autobahn Venedig – Ferrara – Bologna – Ravenna empfehlen, oder den Zug…

Endlich erreiche ich Ravenna und mein Navi führt mich direkt zur Parkgarage „Garage Centrale 2“.

Von der Parkgarage geht’s mit verpflichtender Maske auch im Freien durch das mir bereits bekannte Stadtzentrum von Ravenna, danach bald auf einem Radweg über den Fluss „Uniti“ zur Basilica Sant’Apollinare di Classe, die in südöstlicher Richtung außerhalb der Stadt liegt.

Der Radweg verläuft entlang der Via Romea Sud und ich fahre der Sonne entgegen bis zur Basilica Sant’Apollinare di Classe. Alle Missstimmungen von heute Morgen sind wie weggeblasen und ich fühle mich glücklich, frei und maximal entspannt!


Basilica Sant’Apollinare di Classe

Beeindruckend von außen, im Innenraum bestimmt atemberaubend schön mit den riesigen Mosaiken… beim nächsten Mal dann…

Von der Ortschaft Classe führt ein einsamer Feldweg zum wunderschönen und weitläufigen „Pineta di Classe“, ein Pinienwald mit typisch mediterraner Flora und Fauna.


Pineta di Classe

Für mich ist die Fahrt durch den Pinienwald einer der schönsten Streckenabschnitte bisher und ich genieße den Duft, die Farben und die Ruhe in diesem besonderen Ökosystem. Die Strecke verläuft am beschilderten Radweg bis nach Cervia.

Und weil’s so schön ist, vergnüge ich mich mit einem Selfie-Shooting… Mein flexibles Mini-Stativ hat sich ausgezahlt!


Ortazzo und Ortazzino

Das Gebiet von Ortazzo und Ortazzino ist eine der unberührtesten Flächen und das Gebiet mit größter Artenvielfalt an der Romagna-Küste. Es erstreckt sich um die Mündung des Bevano innerhalb des Pinienwalds von Classe und ist das letzte mäanderförmige Ästuar der oberen Adria. Ortazzo und Ortazzino bedecken eine Fläche von etwa 40 Hektar und zeigen, wie der Küstenstreifen vor dem massiven menschlichen Eingreifen im Gebiet ursprünglich aussah. Das Ortazzo, ein ehemaliges Süßwassertal wird heute vom salzhaltigen Grundwasser beeinflusst und ist daher ein großer Küstenteich geworden. Im Sommer trocknen die niedrigeren Stellen aus und es entstehen schlammige Flächen, die für diese Gebiete typische jährliche Salzpflanzen beherbergen. Das westlich der Mündung gelegene Ortazzino umfasst die Mäander des Bevano, Teile der Küstendünenkette, die dahinter liegenden brackigen Feuchtwiesen mit zutage tretenden Grundwasser und auch die Trockenwiesen, wo gemeine Wacholder und Sanddorne vorherrschend sind. Im Ortazzino wachsen fast alle Salzpflanzen, die typisch für die obere Adria sind. Hinter den Dünen befinden sich die staatlichen Pinienwälder Ramazzotti und Savio, die Ende des 19. Jahrhunderts als Schutz der anliegenden Kulturpflanzen vor dem Wind gepflanzt worden sind. Ortazzo und Ortazzino spielen eine wichtige Rolle für das Überwintern und Nisten von Wasser- und Raubvögel, besonders Kornweihen, Schelladler, Flamingos und Limikolen (Stelzenläufer, Säbelschnäbler, Lachseeschwalben, Zwergseeschwalben und Fluss-Seeschwalben) (http://www.turismo.ra.it/ger/Das-Territorium-entdecken/Umwelt-und-Natur/Parks-und-Naturschutzgebiete/Ortazzo_-Ortazzino-und-Mündung-des-Bevano).

Von einer Aussichtsplattform kann man Wildvögel, wie hier Flamingos beobachten…

Der Streckenabschnitt zwischen Pineta di Classe und Lido di Classe ist wieder auf ganz andere Weise reizvoll. Die Fahrradbrücke über den Bevano, die idyllischen „trabocchi“ (Pfahlfischerhütten) und die vereinzelt wachsenden Pinien entlang der Schotterwege machen das Radeln durch die Landschaft zu einem besonderen Erlebnis.


Lido di Savio

Zurück in der Zivilisation…

Am Strand von Cervia wundere ich mich zum ersten Mal über die Dämme aus Sand, die künstlich aufgeschüttet worden sind. Unwissend, aber mit einer Vermutung (Hochwasserschutz) nutze ich sie zunächst einmal, um ein paar schöne Fotos zu schießen…

Eine wunderschöne, langgestreckte Parkanlage verläuft parallel zur Küstenlinie und präsentiert sich in voller Pracht in allen Herbstfarben.


Cervia

Cervia war wegen der Salinen besonders im Mittelalter stark umkämpft. Dass der Ort wirtschaftlich erfolgreich war, lässt sich aus einem Zitat von Kardinal Ostiense (Herrscher von Bologna und der Romagna) ablesen: „Wir holen mehr aus der kleinen Stadt Cervia heraus als aus der ganzen Romagna.“ Das bei Cervia gewonnene Salz gilt als eines der besten Italiens, weil es besonders rein ist: Der Natriumchlorid-Anteil liegt über 97 % und damit ist es weniger bitter als andere Salze. Die Salinen waren lange in päpstlichem Besitz, und es war üblich, dass früher das erste Salz der neuen „Ernte“ (das Sale fiore) der Papst bekam. Jedes Jahr (meist am ersten September-Wochenende) findet auf dem Piazzale Salinari das Salzfest „Sapore di Sale (Geschmack des Salzes)“ statt. Aus diesem Anlass finden täglich Führungen durch die Salinen zu Fuß oder mit dem Boot statt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Cervia).

Der im Sommer von Touristen überfüllte Strandbereich von Cervia ist zu dieser Jahreszeit wie ausgestorben und das Grandhotel hat auch schon bessere Zeiten erlebt. Aus Zeitgründen lasse ich das Stadtzentrum und die Salinen rechts liegen und trete, an zahlreichen Strandbädern vorbei, bis Cesenatico.


Cesenatico

Ich fahre den pittoresken Porto Canale Leonardesco in Cesenatico entlang auf der Suche nach einem Lokal, um eine Mittagspause einzulegen.

Porto Canale Leonardesco: Die Anlage des Hafenkanals, der ca. 1 km in die Stadt hineinreicht, geht auf das 14. Jh. zurück und bezeugt die lange Tradition Cesenaticos als Fischerort. Seine heutige Gestalt erhielt er von Leonardo da Vinci um 1500. Über 100 pescherecci, die Schiffe der Fischereiflotte, laufen hier jeden Tag aus und ein. Rechts und links des Kanals beleben Bars und Restaurants die alten Fischer- und Händlerhäuser, tags über wie abends eine beliebte Flaniermeile. Schließlich der Höhepunkt, das Museo Galleggiante della Marineria: Im letzten Kanalteil mitten in der Stadt erheben sich die bunten Segel der historischen Schiffe, ein schwimmendes Museum und einzigartiges Schauspiel. Bragozze heißen sie oder traboccoli und man kann sich kaum vorstellen, dass manche Fischer noch bis in die Fünfzigerjahre mit ihnen ausfuhren. Zur Historie des Hafens gehören auch die conserve, große, kegelförmige, halb eingegrabene Eiskeller, in denen unter Schnee der Fisch konserviert wurde. Ihre Reste kann man an der nahen Piazza delle Conserve sehen (https://www.marcopolo.de/reisefuehrer-tipps/cesenatico/porto-canale-leonardesco-poi-124200121.html).

Der Kanal an sich ist schon ein Spektakel, ich hätte nur noch weiter in Richtung Stadtzentrum fahren müssen, dann wären mir nicht das sehenswerte Museo Galleggiante della Marineria und die Piazza delle Conserve entgangen…

Museo Galleggiante della Marineria
Bildquelle: https://www.marcopolo.de/reisefuehrer-tipps/cesenatico/porto-canale-leonardesco-poi-124200121.html
Piazza delle Conserve
Bildquelle: https://www.rizhotel.com/de/cesenatico-10-sehenswurdigkeiten.html

Ich finde ein nettes Lokal am Hafenkanal und bestelle Lachs mit Gemüse und Quinoa, nicht ganz alla Romagnola, wie sich Fabio (aus Modena) nach meinen Statusbildern beschwert, aber ganz Psoriasis-Diät-konform, äußerst köstlich und leicht verdaulich.

Bei der Viale Giuseppe Mazzini gibt es eine Brücke über den Kanal, die anlässlich des Giro d’Italia 2020 zur Gänze mit rosa Wolle eingestrickt wurde. Eine sehr eindrucksvolle und tolle Idee, finde ich! Erst später komme ich dahinter, warum das größte Radfest Italiens vor allem in Cesenatico von so großer Bedeutung ist…

Auf der Piazza Andrea Costa findet man das zu Ehren des unter tragischen Umständen verstorbenen Radrennfahrers Marco Pantani im Jahr 2004 aufgestellte Denkmal. Jetzt weiß ich auch, warum der Giro d’Italia in Cesenatico eine so große Rolle spielt!

Marco Pantani (* 13. Januar 1970 in Cesena; † 14. Februar 2004 in Rimini) war ein italienischer Radrennfahrer. 1998 gewann er die Tour de France und den Giro d’Italia. Er ist der bislang letzte Sportler, der die beiden wichtigsten Grand Tours innerhalb eines Kalenderjahres gewinnen konnte. Pantanis aggressive Fahrweise und sein attackierender Stil machten ihn zu einem der beliebtesten Radsportler der späten 1990er Jahre. Mit einer Größe von 1,72 Metern und 52 Kilogramm Renngewicht hatte er perfekte körperliche Voraussetzungen für einen Bergspezialisten. 1999 wurde Pantani in Führung liegend beim Giro d’Italia 1999 aufgrund eines erhöhten Hämatokritwerts nach der 20. Etappe vom Rennen ausgeschlossen. Pantani kehrte erst beim Giro d’Italia 2000 in den Radsport zurück. Bei der anschließenden Tour de France 2000 gewann er zwei Etappen; eine bei der Bergankunft am Mont Ventoux und zwei Tage später die nach Courchevel. Im Rahmen einer Razzia anlässlich des Giro d’Italia 2001 wurde bei Pantani eine Spritze mit Insulin gefunden, was eine sechsmonatige Sperre sowie die Zahlung von 3000 Schweizer Franken Geldstrafe nach sich zog. Im Jahr 2003 trainierte Pantani wieder und er nahm am Giro d’Italia teil. Nur ein Sturz verhinderte eine Platzierung unter den ersten Fünf. Nachdem er nicht zur Tour de France geladen worden war, wurde im Juni 2003 bekannt, dass sich Pantani zur Behandlung von Depressionen in einer Nervenklinik aufhielt. Am 14. Februar 2004 wurde Marco Pantani tot in einem Hotelzimmer in Rimini aufgefunden. Die Vermutung, er habe sich selbst getötet, nachdem man mehrere leere Packungen verschiedener Antidepressiva gefunden hatte, wurde vom ermittelnden Staatsanwalt zunächst ausgeschlossen. Nach mehreren Ermittlungen kam man zu dem Schluss, dass der Tod durch Herzversagen nach eigenmächtiger Einnahme mehrerer Substanzen eingetreten sei. 

Die Strecke zwischen Cesenatico und Igea Marina verläuft auf abwechslungsreichen Untergründen und kreativ gestalteten Radwegen parallel zur Küste, mal der Bahnlinie entlang, dann wieder über eine pittoreske Brücke. Es wird nie langweilig und der Smile in meinem Gesicht lässt sich nicht ablegen. Ich genieße den Augenblick und kann mir nichts Schöneres vorstellen.

Die ausnahmslos geschlossenen Hotels und die schräg einfallenden Sonnenstrahlen lassen in mir die Überlegung zur Unterkunft für heute Nacht aufkommen. Der Gedanke verhärtet sich mit der Anzahl der runtergelassenen Rollläden und schön langsam mache ich mir Sorgen…. Was, wenn in Santarcangelo auch nichts offen hat? Ich gehe alle Möglichkeiten einer Alternativ-Variante für die heutige Übernachtung mental durch:

1. Ich könnte eine Person ansprechen und fragen, ob er/sie eventuell jemanden kennt, der/die Zimmer vermietet. Oder…

2. Ich könnte die Nacht durchfahren. Oder aber…

3. Ich könnte mich irgendwo im Gebüsch verstecken und im Freien übernachten.

Da haben wir wieder einmal den ersehnten Nervenkitzel, von dem ich eingangs gesprochen habe…

Gott sei Dank muss ich mich mit keiner dieser Möglichkeiten näher befassen, denn nach zwei gescheiterten Anfrageversuchen in Santarcangelo sagt mir ein netter „Bed and Breakfast“ – Besitzer zu. Ich kann also guten Gefühls weiterradeln…

Ab Igea Marina verlasse ich die Küste und fahre auf einer Landstraße mit schwachem Verkehr die letzten 15 Kilometer bis Santarcangelo di Romagna.


Santarcangelo di Romagna

Santarcangelo ist eine “Cittàslow” – d.h. sie gehört der internationalen Vereinigung der lebenswerten Städte an und ist gestern wie heute eines der zauberhaftesten Städtchen der Romagna, bekannt für seine Schönheit und als Geburtsort einer großen Anzahl von Intellektuellen und Künstlern. Sogar ein Papst ist hier geboren: Papst Clemens XIV., mit bürgerlichem Namen Lorenzo Ganganelli, wie aus den Inschriften auf einigen zu seinen Ehren erbauten Monumenten hervorgeht. (http://de.riviera.rimini.it/situr/das-territorium-entdecken/ortschaften/santarcangelo-di-romagna).

Dank des Sonnenuntergangs präsentiert sich der Ort in einem warmen Licht und wunderbar herbstlichen Farbtönen.

Die ersten Ansiedlungen in der Römerzeit erfolgten kurz nach der Gründung von Ariminum (dem heutigen Rimini) um das Jahr 268 v. Chr., als auf dem Land ringsherum in der tonreichen Gegend viele Ziegeleien entstanden. Die römische Konsularstraße “Via Emilia”, die noch heute durch Santarcangelo führt, hat hier schon immer den Handel gefördert und den Impuls dazu gegeben, dass es sich zu dem lebhaften Warenumschlagsplatz und Treffpunkt entwickelte, der es bis heute geblieben ist. Noch heute zieht es Kunden, Besucher und Touristen gleichermaßen an.
Im Mittelalter hatte sich die Bevölkerung von Santarcangelo zum Schutz vor Angreifern auf den Jupiterhügel (Colle Giove) zurückgezogen, wo noch heute die typische Festungsstruktur des mittelalterlichen Städtchens erkennbar ist (http://de.riviera.rimini.it/situr/das-territorium-entdecken/ortschaften/santarcangelo-di-romagna).

Jupiterhügel mit der Burg der Malatesta, einer Italienischen Adelsfamilie

Eine harmonische und elegante historische Altstadt, dominiert von der Burg der Malatesta, die hier ab dem 13. Jh. regierten. Die Festung existierte aber bereits vor der Übernahme durch die Malatesta-Familie. Die “Herren von Rimini” erweiterten und verschönerten sie dann, so dass sie in ihrer heutigen Form das Werk ihrer Umbauten ist. Zwischen dem 17. und 19. Jh. dehnte sich das Dorf unter Beibehaltung der schönen städtebaulichen Harmonie immer mehr aus. Im Jahre 1828 bekam Santarcangelo den Stadttitel verliehen und 1984 den Titel der Kunststadt (Città d’Arte) (http://de.riviera.rimini.it/situr/das-territorium-entdecken/ortschaften/santarcangelo-di-romagna).

Nette Übersichtskarte von der Gegend um Rimini und San Marino

Durch Zufall komme ich bei einem Touristenbüro vorbei, wo sich gerade eine Gruppe zu einer Führung aufmacht. Ich folge zunächst der kleinen Menschentraube unauffällig, doch dann überhole ich und frage den sympathischen „Guida“, ob ich spontan mitkommen dürfe und wohin es eigentlich gehe… „Le Grotte tufacee“ lautet seine Antwort.

Le Grotte tufacee“ ist ein Höhlensystem , das über die Jahrhunderte, nicht, wie man annehmen könnte, in Tuff, sondern in den vorherrschenden Sandstein gegraben wurde. Leider ist nur ein kleiner Teil zu besichtigen, da viele Bereiche heute zu privaten Häusern gehören und oft, aufgrund der gleichbleibenden kühlen Temperaturen als Lagerräume für Weine oder Lebensmittel, oder einfach als Keller dienen. Beachtlich ist, dass hier bis zu 10 000 Menschen während der Belagerungen und zuletzt während des 2. Weltkrieges Schutz gesucht haben (Führung der Associazione Pro Loco Santarcangelo, https://www.tripadvisor.at/Attraction_Review-g1315192-d6782496-Reviews-Grotte_Tufacee_Comunali-Santarcangelo_di_Romagna_Province_of_Rimini_Emilia_Romag.html#REVIEWS).

Als wir nach der 30-minütigen Führung wieder ans Tageslicht kommen, ist es bereits stockdunkel. Ich schiebe, wohlgemerkt noch immer in meinem Raddress, mein Bike durch die malerischen Gassen, sauge den südländischen Flair in mich auf und werfe ein paar Euro in die Gitarrentasche des Künstler-Duos.

Nach längerem Suchen und zwei Telefonaten mit Alberto, meinem heutigen Unterkunftsgeber, finde ich schließlich das besagte „Bed and Breakfast“. Alberto meint, als er mich mit meinem vollbepackten Rad samt Riesenpumpe erblickt, mit leicht ironischem Unterton: „Sei ben attrezzata“ – „Du bist gut ausgestattet“ und lacht… Er ist Bike-Guide und sehr sympathisch, erklärt mir die Gepflogenheiten des Quartiers, das er mit seiner Schwester gemeinsam führt und nimmt sich viel Zeit für ein ausführliches Gespräch über die örtlichen Rad- und Ausflugsmöglichkeiten.

Alberto wird mit seiner Frau und dem kleinen Kind in die Toskana übersiedeln und dort mit Freunden einen Campingplatz eröffnen. Camping Falterona in den „Foreste casentinesi“ in der Nähe von Arezzo, falls jemand in der Gegend sein sollte, unbedingt besuchen, es sind sehr nette, offene Leute!

Aufgrund der Corona-Bestimmungen muss ich mir mein Abendessen in einem nahegelegenen Restaurant holen. Es gibt gebratenes Gemüse und Spinatsalat mit Käse, Birnen und Wahlnüssen. Köstlich!!

Zu diesem Tag fällt mir nur ein Gedicht ein, das wir vor Jahren bei einer Wanderung auf einer Tafel in der Nähe des Forstsees gelesen haben. An besonders schönen Tagen, die wir gemeinsam mit der Familie erleben, rufen wir es uns aus Dankbarkeit immer wieder ins Gedächtnis.

„Es blitzt ein Tropfen Morgentau im Strahl des Sonnenlichts; ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts.“

Gottfried Keller (1819 – 1890)

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3 Antworten

  1. karin sagt:

    Hallo Alice,
    es ist immer weider cool deinen block zu lesen und vor allem die wunderschönen fotos, sei es die geschmückten fensterbänke oder man bekommt auch gusto auf ein gutes italienisches essen mit ein glas weißwein oder aperolspritz.

    übrigens, das rosa trikot hab ich schon in meinem kleiderschrank…..

  2. karin sagt:

    Hallo Alice,
    es ist immer weider cool deinen blog zu lesen und vor allem die wunderschönen fotos, sei es die geschmückten fensterbänke oder man bekommt auch gusto auf ein gutes italienisches essen mit ein glas weißwein oder aperolspritz.

    übrigens, das rosa trikot hab ich schon in meinem kleiderschrank…..

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