Bus- und Zugreise nach Pesaro
Ich radle vergnügt und in freudiger Erwartung zum Bahnhof in Villach, um mit dem Bus nach Venedig Mestre und von dort mit dem Zug nach Bologna weiter zu gondeln, wo ich noch einmal umsteigen muss, um nach Pesaro zu gelangen. In Mestre bietet sich mir die Möglichkeit einen früheren Zug zu nehmen und so sitze ich auf dem Weg nach Bologna mit einem falschen Zugticket im Abteil. Mir egal, ich werde das schon mit dem Schaffner klären, Hauptsache ich habe in Bologna ein bisschen mehr Zeit, um mir die Stadt anzuschauen… Ich habe Glück, denn der Schaffner lässt sich garnicht blicken…
In Bologna schwinge ich mich auf mein Rad und fahre auf der Via dell’Indipendenza in Richtung Stadtzentrum. Es gibt soviel zu sehen und zu staunen, sodass ich ganz aufs Fotografieren vergesse. Vorbei an der weitläufigen Piazza Maggiore und der imposanten Basilica San Petronio biege ich in die Via Pescherie Vecchie, eine enge Gasse mit vielen kleinen Lokalen, sowie Obst-, Gemüse-, und natürlich auch Fischhändlern, die ihre Ware vor ihren kleinen Geschäftslokalen feil bieten. Ich muss mein Rad schieben, weil sich so viele Leute durchdrängen. Am Ende dieser Gasse stoße ich auf die Via Drapperie, wo ebenso Fisch verkauft wird und weil diese Gasse breiter und nicht so überfüllt ist, schieße ich ein paar Fotos bei der Pescheria Brunelli.



Nachdem ich mir einen Eindruck vom Stadtzentrum verschafft und eine kleine Stärkung in einer Osteria gegönnt habe, kehre ich zum Bahnhof zurück, um meinen Anschlusszug zu erreichen. Davor kaufe ich mir noch schnell ein Buch über Lucio Dalla in der überschaubaren Bahnhofsbuchhandlung und denke an Claudia und Ilse, mit denen ich das Lied „L’anno che verrá“ einstudiert habe.
Im Zug wundere ich mich, dass ich schon wieder die Einzige mit Rad bin, freue mich aber natürlich, dass ich, wie immer, einen Platz für meinen Drahtesel bekomme. Die Sitzplätze sind rar und ich lasse mich gegenüber von einem Mitte-Zwanzigjährigen nieder, nicht ohne ihn vorher freundlich angelächelt und „È libero questo posto?“ (“ Ist dieser Platz frei?) gefragt zu haben.
Bei jeder Haltestelle komme ich mehr und mehr ins Italien-Feeling, da immer, wenn sich die Zugtüre öffnet, das typische Urlaubsgeräusch der Grillen und Zikaden hereinströmt und den Innenraum erfüllt.
Nach alternierendem Handy – Buch – Handy – Gebrauch wird es mir schön langsam langweilig und ich denke, es ist Zeit für ein Gespräch mit meinem Gegenüber. Immerhin unterhalten sich unsere Sitznachbarn, die sich ebenso gerade erst kennen gelernt haben, auch sehr angeregt. Ich denke dankbar darüber nach, dass die Menschen doch noch nicht ganz in der digitalen Abgetrenntheit mit Handy und AirPods versunken sind und sehe einen Lichtstreif am Horizont.
Mein potenzieller Gesprächspartner nimmt sich gewillt seine Ohrstöpsel heraus als ich ihn anspreche und antwortet mir höflich auf meine ziemlich dümmliche Frage, die natürlich nur ein Vorwand war, um ein Gespräch zu beginnen, nämlich ob Lucio Dalla eigentlich noch lebe oder schon gestorben sei… Ich könnte auch googeln, denke ich mir im selben Moment, aber da war die Frage schon gestellt. Umso überraschender seine Antwort: „Non lo so“, „Ich weiß es nicht“. Immerhin ist Lucio Dalla ein sehr bekannter Cantautore, denke ich, aber wahrscheinlich nicht mehr ganz aktuell in Italien… Wer von unseren österreichischen jüngeren Erwachsenen weiß schon, ob Georg Danzer noch lebt oder schon gestorben ist, naja, wie auch immer, wir kommen ins Gespräch und schon bald sitze ich ihm nicht mehr gegenüber, sondern neben ihm. Emanuele aus Termoli ist bereit, mit mir ein Selfie für meinen Blog zu schießen und erklärt mir bereitwillig, wie ich mir einen Instagram-Account erstelle und verwalte. Er zeigt mir, wie ich einen Beitrag hinzufüge und versucht mir klar zu machen, wozu diese komischen Hashtag-Begriffe gut sind. Leider ohne Erfolg, irgendwie check ich’s nicht ganz… Ich lasse mir ein bisschen von seinem Leben berichten: Seine Familie wohnt in Termoli, er studiert Technik in Bologna, davor war er ebenso zu Studienzwecken drei Jahre in Ancona. Emanuele hat noch ein Jahr vor sich und scheint sehr zielstrebig zu sein. Er erzählt mir, dass bei abgeschlossenem Studium der frisch gebackene Akademiker einen Lorbeerkranz aufgesetzt bekommt, mit dem er dann stolzen Hauptes durch die Stadt geht und sich mit Familie und Freunden trifft, um den Erfolg zu feiern. Genau diese Szenerie hab ich in Bologna an der Piazza Maggiore beobachtet und nur geahnt, dass es sich um eine Sponsionsfeier handelte…

Die Zeit bis Pesaro verfliegt angesichts des sehr angeregten und netten Gesprächs. Emanuele meint, wenn ich in Termoli vorbei komme, und der Ort liegt ja auf meinem Weg, solle ich mich melden. Er macht beim Aussteigen noch ein Foto von mir…

Pesaro
Pesaro ist eine Hafenstadt in der Region Marken und Hauptstadt und Verwaltungssitz der Provinz Pesaro und Urbino. Pesaro hat 95.203 Einwohner (Stand 31. Dezember 2019) auf einer Stadtfläche von 126 km² und ist ein wichtiges Touristenzentrum an der italienischen Adriaküste. Der Ort liegt an dem Fluss Foglia, der nahe der historischen Altstadt in die Adria mündet. Die Nachbargemeinden sind: Fano, Gabicce Mare, Gradara, Mombaroccio, Monteciccardo, Montelabbate, Tavullia und Vallefoglia. Die Gegend des heutigen Pesaro war bereits in der frühen Eisenzeit besiedelt, da eine prähistorische Nekropole bei Novilara entdeckt wurde (https://de.wikipedia.org/wiki/Pesaro). Eine wichtige Persönlichkeit der Stadt ist Gioachino Rossini, der 1792 in Pesaro geboren wurde und in der Stadt als Sohn des Hornisten Giuseppe Rossini und der Sängerin Anna Rossini aufwuchs. In der Stadt der Musik findet alljährlich ein großes internationales Opernfestival mit hochkarätigen Künstlern und Musikern statt (rossinioperafestival.it).

Die Stadt kenne ich ein wenig von meiner letzten Tour und es ist bereits 15:30. Deshalb beschließe ich vom Bahnhof aus schnurstracks in Richtung Strand zu fahren, um von dort den Radweg nach Süden zu nehmen. Leider weht ein richtig starker Wind aus eben dieser Richtung, der sogenannte „Mezzogiorno“ oder „Meridione“, auch „Ostro“ genannt. Es ist ein Wind, der warme Luft aus der Sahara, aber leider keine Abkühlung bringt. Der wunderschöne Radweg führt mich bei blauem Himmel und ca. 30 Grad zwischen der Eisenbahnlinie und dem Strand entlang.



Der Radweg geht bis zum Campingplatz Marinella. Von da an werde ich durch eine Unterführung auf eine kleine Straße umgeleitet, die schon bald wieder in einen Radweg, diesmal auf der anderen Seite der Bahnlinie, mündet.




Der Radweg verläuft bis Fano rechts neben den Gleisen, bis eine kleine Brücke über den Torrente Arzilla führt. Brücken sind immer eine willkommene Abwechslung und ich liebe und bewundere die Verschiedenheit ihrer Bauweisen. Ein paar hundert Meter weiter folgt schon die nächste Brücke über den Canale Albani.


Ein Abstecher auf die Mole di Levante mit Blick auf den Hafen von Fano zahlt sich aus!






Südlich von Fano mündet der Fluss Metauro in die Adria und ich werde auf die ziemlich verkehrsreiche Viale Piceno geleitet, die die einzige Überbrückungsmöglichkeit darstellt.

Um diesem Stress zu entgehen, nehme ich einen kleinen Umweg über eine Landstraße in Kauf, was sich als sehr lohnend erweist.


Danach geht es durch eine Unterführung wieder auf den Radweg, der am Meer entlang führt.

Irgendwo zwischen Fano und Marotta mache ich eine kleine Pause in einem Strandlokal und bekomme ein paar köstliche „Spuntini“ zu meinem Gläschen Wein serviert. Am Weg nach Senegallia gibt es schöne Radwege und nette Strandzugänge…



Senigallia
Meistens gibt es vor einer Stadt eine schöne Flussüberquerung, so auch in Senigallia. Über die schmale Radfahrer- und Fußgängerbrücke gelangt man über den Misa Fluss.


Leuchtenes Goldgelb – das ist die Farbe, die Kenner mit der Stadt Senigallia an der Adria verbinden. Ob der golden schimmernde 13 Kilometer lange Sandstrand oder die aus gelben Steinen erbaute Altstadt des Seebades – die intensive Farbe ist hier allgegenwärtig. Es war vor allem der weitläufige Sandstrand der Spiaggia di Velluto, der Senigallia schon im vorigen Jahrhundert zu einem beliebten Badeort machte. In jüngerer Zeit hat außerdem die Verleihung der begehrten blauen Flagge für ausgezeichnete Wasserqualität weiter zur Popularität des Seebades beigetragen (https://www.italien.de/staedte/senigallia).
Die zahlreichen historischen Bauwerke des an der Mündung des Flusses Misa gelegenen Ortes lassen seine bewegte Geschichte erahnen. Der Name der Stadt leitet sich ursprünglich vom gallischen Volksstamm der Senonen ab, der als erster hier siedelte. Nach der Eroberung durch die Römer erhielt die Stadt „Sena“, wegen ihrer Lage im unterworfenen gallischen Gebiet, den Namenzusatz „Gallica“; später wurde daraus Senigallia. Im 6. Jahrhundert wurde Senigallia zum Bistum. Im Mittelalter gehörte die Stadt zunächst zum damaligen Herzogtum Pentapolis, ab dem 17. Jahrhundert dann zum Vatikanstaat. Wirtschaftlich gesehen hatte Senigallia seit dem 15. Jahrhundert vor allem einen weithin bekannten Ruf als Messestadt. Erst im 19. Jahrhundert entwickelte es sich zunehmend zum Badeort. Heute verfügt das Seebad sogar über einen eigenen Yachthafen (https://www.italien.de/staedte/senigallia).
Das vielleicht bedeutendste Bauwerk Senigallias ist die mächtige, zinnenbewehrte Rocca Roveresca. Die Festung wurde im 15. Jahrhundert vom damaligen Signore der Stadt, Giovanni della Rovere, erbaut. Heute ist in ihr ein Museum untergebracht (https://www.italien.de/staedte/senigallia).
Außerdem sehenswert sind unter anderem der Dom an der Piazza Garibaldi, das historische Rathaus, der Baviera Palast und das Geburtshaus des Papstes Pius IX. Auf der Piazza del Duca steht der berühmte Löwenbrunnen (Fontana dei Leoni), und die Vergangenheit Senigallias als Messestadt wird an den Arkaden der Portici Ercolani lebendig. An der Piazza della Libertà sollte es der Besucher nicht versäumen, auf der dortigen Seebrücke aufs Meer hinaus zu spazieren. Die Brücke endet an der so genannten Rotonda a Mare, einem dekorativen Rundbau, der als Veranstaltungszentrum genutzt wird (https://www.italien.de/staedte/senigallia).
Vor Einbruch der Dunkelheit und noch bevor ich mir ein Hotel suche, besichtige ich noch schnell die Altstadt von Senigallia. Mit dem Rad geht das ja meistens recht rasch und man hat sich in kurzer Zeit einen guten Überblick verschafft.










Gott sei Dank finde ich problemlos ein Hotel, wo gerade noch ein Zimmer mit Dachterrasse um 71 € zur Verfügung steht. Die Terrasse des Hotels Beaurivage ist zwar äußerst desolat, aber man hat einen herrlichen Ausblick aufs Meer und die Stadt.




Nach einer ausgiebigen Dusche schaffe ich es gerade noch ins Restaurant von nebenan und verspeise mein Lieblingsgericht Spaghetti alle Vongole und natürlich einem Gläschen Verdicchio di Matelica (Weißwein aus den Marken). Ein anstrengender, aber wunderschöner, ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende zu…
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