Der letzte Tag unserer Reise beginnt wieder mal mit einem Patschen….



In den Räumlichkeiten der Masseria entdeckt man immer wieder neue Deko-Details. Alles ist so geschmackvoll und mit viel Liebe eingerichtet… Wir frühstücken auf der überdachten Terrasse…







Nach dem Frühstück setzen wir unsere Reise fort. Nach Oria sind es nur zwei Kilometer und man sieht die neu renovierte Kuppel der Kathedrale und das Castello Svevo schon von Weitem.


Oria ist eine italienische Stadt mit knapp 15.000 Einwohnern und liegt in der Provinz Brindisi, ca. 45km von Lecce, 35km von Taranto und 30km von Brindisi entfernt. Sie befindet sich im Alto Salento, im Hochsalent, dem nördlichen Salento. Die Stadt wurde auf einer Hügelkette frühzeitlicher Dünen errichtet, und erhebt sich dadurch an ihrer höchsten Stelle auf 166m ü.d.M. Durch die exponierte Lage ist Oria bereits aus der Ferne gut zu erkennen. Die Stadt ist bekannt für ihren archäologischen Reichtum, für ihr sehenswertes historisches Zentrum und für das Castello Svevo Friedrichs II. Die bemerkenswerte Altstadt von Oria ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Das Centro storico entzückt durch verwinkelte Gassen und kleine Geschäfte, und verlangt seinen Besuchern durch die Lage auf der Spitze des Hügels durch teilweise markante Steigungen durchaus etwas ab. Doch es lohnt sich. Wenn man den Besuch vom Parco Montalbano oder der Porta Manfredi in Angriff genommen hat, wird man durch einen tollen Ausblick bis nach Manduria belohnt (https://www.puglia.plus/sehenswuerdigkeiten-apulien/altstadt-oria-alto-salento/).
Oria ist ein nettes Städtchen, das seinen süditalienischen Flair wahrscheinlich erst in den Abendstunden voll entfaltet. Ich sehe mir die barocke Kathedral-Basilika aus dem 18. Jahrhundert von innen an und wir genießen die schöne Aussicht über die Dächer der Stadt. Die Abkühlung am Brunnen tut gut!!











Im Westen der Altstadt erstreckt sich das jüdische Viertel. Man betritt es über die Porta degli Ebrei oder direkt von der Altstadt. Auch wenn außer den Häusern wenig an jüdischer Kultur verblieben ist, es ist ein schmuckes Viertel mit noch engeren Gassen als die sonstige Altstadt von Oria hat. Es sind Gässlein die sich durch Torbögen vorbei an alles anderem als geraden Häuserfronten winden, Stufen hinauf und hinunter führen. Ein bezauberndes Labyrinth (https://www.puglia.plus/sehenswuerdigkeiten-apulien/altstadt-oria-alto-salento/).






Wir verlassen das jüdische Viertel von Oria durch di Porta degli Ebrei und radeln in westlicher Richtung nach San Giorgio Ionico weiter. Die Landschaft ist geprägt von landwirtschaftlich genutzten Flächen, seien es Olivenhaine, Obstbäume oder Weinstöcke, mit oder ohne Überdachung, zwischendurch Müll auf der Straße , Trockenmauern und üppige „Ohrwaschl“-Kakteen, im lateinischen Fachausdruck Opuntia ficus indica genannt, bekannt auch als Feigenkaktus.











In San Giorgio Ionico steuern wir durch eine laute Hochzeitsgesellschaft den Trinkbrunnen vor der Kirche an. Mit einem freundlichen „Ciaooooo, di dove siete?“ – „Woher kommt ihr?“ und „Anch’io vado in bici!“ – „Ich fahre auch Rad!“, kommt Mimmo mit einem strahlenden Lächeln auf uns zu. Seine Cousine heiratet und er ist wegen der Hochzeit und um seine Mutter zu besuchen von Mailand nach San Giorgio mit dem Rad angereist. Wir plaudern und plaudern und plaudern, während Harald schon zum fünften Mal seinen Kopf unter das kühle Wasser des Brunnens hält und alle Hochzeitsgäste verschwunden sind. Mit Mimmo halte ich regelmäßig Kontakt auf Instagram und lese entzückt seine Posts zum Thema „Lächeln und Positivität“! Oft spricht er mir aus dem Herzen… Ich sage nur: „Buongiorno, buon caffé e buon sorriso a tutti!“



In San Giorgio Ionico gäbe es ein Fahrrad-Museum, das aber leider geschlossen ist. Man hätte frühzeitig einen Termin ausmachen müssen.


Da die meisten Wälder in Italien zur landwirtschaftlichen Nutzung, aber auch zur Nutzung als Heiz- und Baumaterial abgeholzt wurden, sind die noch vorhandenen Restbestände entweder in Nationalparks oder großen Parkanlagen geschützt. Den Parco Cimino, zur Gemeinde Tarent gehörend, nützen wir für eine kleine Pause.





Tarent, wir kommen!!

Als Magna Graecia (lateinisch für: „großes Griechenland“) werden die Regionen im antiken Süditalien, oft einschließlich Siziliens, bezeichnet, die von griechischen Siedlern ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. kolonisiert wurden. Obwohl es hier neben den zahlreichen Poleis immer auch viele nichtgriechische Stämme und Städte gab, war die ganze Region dennoch stark von der griechischen Sprache und Kultur geprägt und wurde erst spät und langsam romanisiert. Noch heute existiert in Kalabrien und vor allem im Salento in Apulien eine kleine Minderheit, die Griko spricht – eine Sprache mit altgriechischen, byzantinisch-griechischen und italienischen Elementen. Die Griechen Italiens wurden auch als Italioten bezeichnet. Im Deutschen wird das Gebiet auch Großgriechenland genannt, seine Einwohner Westgriechen. Die Magna Graecia bestand dabei aus vielen volkreichen Städten; diese waren unabhängige Staaten, die oft gegeneinander kämpften. Teils schlossen sich westgriechische Poleis aber auch zu Koina zusammen, so insbesondere zum Italiotenbund unter Führung von Tarent (https://de.wikipedia.org/wiki/Magna_Graecia#/media/Datei:Magna_Graecia_ancient_colonies_and_dialects-de.svg).

Die Drehbrücke (Ponte girevole) von Tarent führt uns von der Neustadt (Borgo Nuovo) in die Altstadt (Borgo Antico), die auf einer Insel zwischen dem sogenannten kleinen und dem großen (ionischen) Meer liegt. Dort angekommen, wird man sich aufgrund der dorischen Säulen sofort der griechischen Vergangenheit der Stadt bewusst.









Der Poseidontempel (auch Dorischer Tempel nach seiner Säulenordnung) in Tarent aus der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. ist der älteste Tempel der Magna Graecia und ist der einzige Ort griechischen Kultes, den man noch im Borgo Antico der Stadt besichtigen kann. Die Ruine des Tempels befand sich in der Dreifaltigkeitskircheb, im Hof des Oratoriums der Trinitarier, im Haus Mastronuzzi und im Kloster der Celestini. 1700 gab es noch zehn Säulen, die aber entfernt wurden und während Renovierungsarbeiten des Klosters im Jahr 1729 verloren gingen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Tempel vom Archäologen Luigi Viola Poseidon zugeschrieben, ist aber wahrscheinlich eher in Bezug weiblicher Gottheiten, wie z. B. Artemis, Persephone oder Hera zu bringen. Andere Funde gingen mit dem Abriss des Klosters 1926 und der Kirche 1973 verloren. Die zwei erhaltenen Säulen und drei Trommeln einer weiteren wurden aus Carparo-Stein, einer lokalen Kalkstein-Art, hergestellt. Sie gehörten zum nördlichen Teil des Säulenkranzes des dorischen Peripteros, dessen Reste im Kreuzgang und im Keller des Klosters San Michele gefunden wurden. Jede Säule ist 8,47 m hoch und hat einen Durchmesser von 1,90 m (gemessen in der Kannelur). Der Achsabstand der beiden erhaltenen Säulen beträgt 3,72 m. Über den Grundriss ist keine weitere Vorstellung zu gewinnen (https://de.wikipedia.org/wiki/Poseidontempel_(Tarent)).
Das Stadt-Wappen von Tarent zeigt Taras, den Sohn des Poseidon auf einem Delfin…
Taras, ein Sohn des Poseidons und der Nymphe Satyria war eine Figur aus der griechischen Mythologie. Nach der Legende war er der Gründer der griechischen Siedlung Taras (Tarentum, heute: Tarent), einer späteren Führungsmacht der Magna Graecia. Während er, um seinen Vater Poseidon zu ehren, ein Opfer brachte, erschien ihm plötzlich ein Delfin. Er interpretierte dies als ein gutes Zeichen und als Ermutigung, um eine Stadt zu gründen. Auf der Münze der alten Stadt Taras wird der Sohn Poseidons auf einem Delphin, manchmal mit dem Dreizack seines Vaters in einer Hand, dargestellt; das gleiche Bild wird auf dem modernen Stadtemblem dargestellt (https://de.wikipedia.org/wiki/Taras_(Mythologie)).
Nach so viel Geschichte und Mythologie muss nun dringend unser Hunger gestillt werden. Daher suchen wir uns eines der wenigen Lokale aus. Es gibt hier leider nicht viel Auswahl… Wir sind zu diesem Zeitpunkt noch völlig ahnungslos , was den fürchterlichen Zustand von Tarents Altstadt anbelangt. In der Macelleria/Braceria Galiano genießen wir zu Salsa-Klängen eine köstliche italienische Jause und schwingen danach im Bike-Outfit das Tanzbein…






Nach der Jause machen wir uns auf die Suche nach unserer Unterkunft und bekommen einen ersten Eindruck von den verwahrlosten Gassen der Altstadt, aber auch des nördlichen Stadtteils jenseits der Ponte di Porta Napoli.












Die Gründung von Tarent, der einzigen spartanischen Kolonie in der Magna Graecia, geht laut Tradition auf das Jahr 706 v. Chr. zurück. Auslöser für die Besiedelung soll der Aufstand der Parthenier gewesen sein, die in der Zeit des Krieges zwischen Sparta und Messenia den Wunsch hatten, volle politische Rechte zu erhalten: Um den Aufstand zu beenden, wurde mit Hilfe des Orakels von Delphi beschlossen, die Aufrührer nach Westen zu schicken, wo sie unter der Führung von Phalantos ein neues Zentrum gründeten. (https://museotaranto.beniculturali.it/de/rundgaenge-und-sammlungen/tarent-von-seiner-gruendung-bis-zur-roemischen-eroberung/).

Frisch geduscht geht es mit den unbepackten Rädern zurück in die Altstadt, wobei wir auf der Brücke Ponte di Porta Napoli genau richtig zum Sonnenuntergang kommen…






Schockiert und etwas verunsichert durchqueren wir den unteren Teil der vom Verfall bedrohten Altstadt. Teils müssen die Häuser von Querbalken gestützt werden, um ein Einstürzen zu verhindern. Trotz des desolaten Zustandes ist das Viertel teils noch bewohnt…










Das Borgo Nuovo zeigt sich hingegen in strahlendem Glanz. Die Straßen und Plätze sind breit, groß und sehr weitläufig. Kleine, schnuckelige Geschäfte mit typischem Kunsthandwerk aus Apulien suchen wir hier vergeblich…
















Der abendliche Blick auf das Castello Aragonese und die Ponte Girevole lässt unser Herz noch einmal höher schlagen.





Bei der Rückfahrt durch die etwas unheimliche Altstadt sehen wir die Bewohner in oder vor ihren bescheidenen und nicht klimatisierten Wohnungen sitzen. Nach dem Eingang erspähen wir den Kochbereich, einen Stuhl, einen Tisch, ein Bett, ein Fahrrad, den Fernseher, Werkzeuge… Alles befindet sich anscheinend in einem Raum…
Mit einem etwas beklommenem Gefühl kommen wir in unserer Unterkunft an und sind dankbar dafür, dass wir in einem kühlen Raum schlafen dürfen…
BUONA NOTTE!!!
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