Wir wollen den ersten Tag unserer Reise nutzen, um auf den Vesuv zu radeln. Zunächst geht es auf der Via Taddeo A Sessa nördlich des Bahnhofs in Richtung Osten und über die Vororte San Giovanni a Teduccio und San Giorgio a Cremano bis Ercolano, von wo aus die Straße auf den Vesuv führt.






Unser Ziel haben wir schon im Blick – der Vesuv im Osten von Neapel!

Die Pflastersteine und der Verkehr nerven ein wenig, aber es ist alles halb so schlimm!



Östlich von San Giorgio a Cremano befinden wir uns auf einer ruhigen Nebenstraße, die leicht ansteigt.


In Ercolano entscheiden wir uns für den kürzesten Weg über die Via Luigi Palmieri, die jedoch so steil wird, dass Harald absteigen und schieben muss. Besser wäre die längere Route über Lava Nuovo und die Via Enrico de Nicola zur Via Vesuvio gewesen!




Etwas moderater ist die Steigung auf der Via Provinciale dell‘Osservatorio Vesuviano, wo wir bei einigen Lava-Kunstwerken vorbeikommen.





Bald befinden wir uns auf Höhe der Dunstglocke von Neapel und atmen stickige Luft ein…


Weiter geht es immer bergauf in Richtung Caldera auf perfektem Asphalt und traumhaften Ausblicken!! Auch andere Radler sind unterwegs…




Einfach wunderbar!!




Die letzte Steigung zum Schicksalsberg liegt vor uns…



Wir dürfen leider nur bis zum Parkplatz fahren, wo wir die Räder ganz offiziell hinter einer Hütte verstecken. Nach dem Lösen des Tickets (nur online möglich!) machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Krater des Vesuvs!




Wir erfahren, dass der Monte Somma, also der zweite, niedrigere Gipfel des Vesuvs, die Reste des Randes einer ursprünglichen Caldera darstellt.
Der Monte Somma ist ein rund 4 km langer bogenförmiger Bergrücken des Somma-Vesuv-Vulkankomplexes östlich von Neapel in der Region Kampanien an der Westküste Italiens. Er verläuft nördlich des 1281 m hohen Kegels des Vesuv und erreicht an seinem höchsten Punkt, der Punta Nasone, eine Höhe von 1132 m. Während seine zerfurchte Nordflanke eine schwache bis mäßige Hangneigung hat, fällt die Südflanke des Somma nahezu senkrecht ab. Die steile Südflanke des Monte Somma repräsentiert den nördlichen Rand einer komplexen Caldera, die sich in den vergangenen ca. 20.000 Jahren, zuletzt maßgeblich beim Ausbruch des Vesuv 79 n. Chr., nach und nach herausgebildet hat. In der jüngsten Teil-Caldera, deren Durchmesser ungefähr drei Kilometer beträgt, befindet sich der heutige Kegel des Vesuv (https://de.wikipedia.org/wiki/Monte_Somma).




Der Weg zum Krater des Vesuvs ist mit den Radschuhen und der bereits am frühen Vormittag aufkommenden Hitze recht beschwerlich.



Wir schließen uns einer Führung an, um ein paar Details über den Vulkan zu erfahren.
Der Vesuv ist einer der bekanntesten Vulkane der Welt, dessen trauriger Ruhm auf seine Eruption im Jahre 79 n. Chr. zurückzuführen ist, bei der die römischen Städte Pompeji, Herculaneum und Stabiae zerstört wurden. Zugleich zählt der Vesuv zu den gefährlichsten Feuerbergen der Welt. Für ihn sind lange Ruhephasen typisch, um dann in einer gewaltigen Eruption zu explodieren. Umso erstaunlicher ist es, dass der Vulkan bis an seiner Flanke dicht besiedelt ist. Die Millionen-Metropole Neapel liegt nur wenige Kilometer nordwestlich des Vesuvs und ein dichtes Städtegemisch zieht sich die Küste entlang. Insgesamt leben ca. 3 Millionen Menschen unter der Fuchtel des Vulkans. Im Falle eines erneuten, großen Ausbruches wie dem 79. n. Chr. wäre die Katastrophe perfekt. Selbst mit den ausgeklügelten Frühwarnsystemen der Vulkanologen dürfte es unmöglich sein, so viele Menschen rechtzeitig zu evakuieren. Eigentlich handelt es sich bei dem Vesuv um einen Doppelvulkan, der in 4 Phasen entstand. Vor gut 12.000 Jahren bildete sich in einer gewaltigen Eruption die Somma. Aus 7-8 Kilometern Tiefe wurde ein phonolithisches Magma gefördert. Nach einer längeren Ruhepause entstand ein 1000 Meter hoher Vulkan, die alte Somma, deren Förderschlot einstürzte. Es folgte ein 2000 Meter hoher Vulkan, die junge Somma, die bis ins 12. vorchristliche Jahrhundert sehr aktiv war. Nach einer längeren Ruhephase sprengte die Somma am 24. August 79 n. Chr. ihren Gipfel weg und eruptierte 4 Tage lang, nur von kleinen Pausen unterbrochen. Pompeji wurde unter einer 520 cm mächtigen Lavaschicht aus Aschen, Bims und Ignimbriten begraben und Herculaneum von einem pyroklastischen Strom vernichtet. In der Literatur ist häufig zu lesen, Herculaneum wäre von einem Schlammstrom verschüttet worden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse widerlegen dieses. Erst im 3. Jahrhundert entsteht der heutige Vesuv im eingestürzten Kessel der neuen Somma. Von ihr blieb nur die nördliche Wand erhalten, die als zweiter Gipfel 1132 Meter in den Himmel ragt. Der Vesuv besteht überwiegend aus Phonotephriten. Sein heutiger Krater hat einen Durchmesser von 500 m und ist 300 m tief. Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2008 ergaben, dass die Magmakammer unter dem Vesuv über die Jahrtausende hinweg aufstieg. Der Magmenaufstieg bewirkte eine Veränderung der Druck- und Temperaturbedingungen in der Magmakammer und somit auch eine Änderung des Chemismus der Magmen. Untersucht wurden phonolithische Gesteine der 4 stärksten Eruptionen des Vesuvs. Diese waren vor 7800 Jahren die Mercator-Eruption, gefolgt von der Avellino-Eruption vor 5600 Jahren, dem bekannten Ausbruch im Jahre 79 n. Chr., der Pompeji zerstörte und der sogenannten Pollena-Eruption von 472 n. Chr. Demnach stammte das Magma der ersten 3 plininanischen Eruptionen aus Tiefen von 7- 8 Kilometern und förderte eine gasreiche Schmelze, die starke Explosionen verursachte. Das Magma der subplinianischen Pollena-Eruption soll schon weniger gasreich gewesen sein und aus einer flacher gelegenen Magmakammer stammen. Trotzdem generierte dieser Ausbruch pyroklastische Ströme. Dergleichen geschah bei dem Ausbruch von 1631, der die bisher letzte eruptive Phase des Vesuvs einläutete. Obwohl dieser Ausbruch nicht so stark wie die vorher genannten Eruptionen war, starben mindestens 4000 Menschen. Das Magma dieser letzten eruptiven Phase stammt aus einer Kammer in 3- 4 Kilometern Tiefe. Dieses Magma soll heißer und weitestgehend entgast gewesen sein und war in seiner Zusammensetzung eher basaltischen Ursprungs. In der Folge fielen die Eruptionen weniger katastophal aus. In dieser Zeit gab es Perioden strombolianischer Tätigkeit, deren Auswirkungen sich auf den Krater beschränkten und Ausbrüche von Lavaströmen, wie man sie vom Ätna kennt. Diese Lavaströme können zwar Städte zerstören, fordern aber im Allgemeinen relativ wenige Menschenleben. Trotzdem gab es bei mancher Eruption Hunderte Opfer zu beklagen. Neuen Forschungsergebnissen zufolge stieg nicht die gesamte Magmakammer auf, sondern nur das Magma. Unter dem Vesuv soll es demnach mindestens 2 Magmenreservoirs in unterschiedlichen Tiefen geben. Das Unterste liegt in 11-15 km Tiefe. Das Flachere in 5-6 km Tiefe. In einigen Studien ist auch von Magma die Rede, das aus einer Tiefe von 7-8 Kilometern kommt. Die Vulkanologen scheinen also zu teilweise recht unterschiedlichen Ergebnissen zu kommen. Klar scheint hingegen zu sein, dass das Magma der plinianischen Eruptionen aus den unteren Stockwerken der Magmenreservoirs stammte, während das Magma der Eruptionsphasen zwischen 1631 und 1944 aus flacher gelegenen Regionen kam. Die erste Eruption im letzten Jahrhundert fand 1906 statt. Diese Eruption war zugleich die heftigste im 20. Jahrhundert und forderte ca. 300 Menschenleben. 105 Menschen starben, als das Dach der Kirche San Giuseppe einstürzte. Dort hatte sich zu viel Vulkanasche angesammelt und die Dachbalken gaben unter dem Gewicht nach. Der Ort Ottaviano wurde komplett unter Vulkanasche begraben. Bereits 2 Jahre zuvor begann Schlackenwurftätigkeit aus einem Hornito im Krater. Bei der Eruption von 1929 wurden die Dörfer Pagano und Campitelli zerstört.
Im März 1944 brach der Vesuv zum letzten Mal aus. Explosionen förderten viel Vulkanasche und es wurden kleine pyroklastische Ströme generiert und Lavaströme entstanden. Diese begruben die Orte Massa di Somma und San Sebastiano. Mehr als 12.000 Personen wurden evakuiert, trotzdem starben 26 Menschen. Zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges waren auf einem Flugfeld in Terzigno amerikanische Bomber stationiert. Die Vulkanasche zerstörte 80 B-25 Bomber. Filmaufnahmen dieser Eruptionen sind in dieser Playlist zusammengefasst. Stoff für Forschungen und Beobachtungen, rund um das Thema Vulkanismus bietet das Gebiet um den Vesuv immer wieder. So wurde vor einigen Jahren die These aufgestellt, dass die Lava bei dem großen Ausbruch weniger heiß gewesen sei, als ursprünglich angenommen wurde. Mit verschiedenen Methoden (Temperatursonden, aber auch über die Magnetisierung von Gesteinen, die als Rückstände in den Lawinen erhalten sind) ist es möglich, zumeist auch nach längerer Zeit noch die Temperatur der Lava nach dem Ausbruch zu bestimmen (https://www.vulkane.net/vulkane/vesuv/vesuv.html).








Wir haben Glück! Da wir früh dran sind, ist noch nicht so viel los. Der letzte Ausbruch des Vesuvs war am 17. März 1944!





Eine Stunde später (etwa um 11:00) wurdelt es hier vor lauter Touristen!! Eine Kostprobe des überall angebotenen Weines „Lacryma Christi“ (Die Träne Christi) lassen wir uns jedoch nicht entgehen, wobei uns der Geschmack nicht unbedingt überzeugt.


Ein letzter Blick in den beeindruckenden Krater…


Bei der Abfahrt machen wir Halt in einer restlos überfüllten Pizzeria…


In Ercolano wollen wir uns die Ausgrabungen ansehen, doch mit unseren Rädern sind wir nicht erwünscht und sollten für das Abstellen derselben gleichviel bezahlen, wie für ein Auto… Daher verzichten wir auf die Besichtigung und begeben uns auf den Rückweg nach Neapel.




Die Vororte von Neapel machen einen eher bescheidenen, wenn nicht sogar ärmlichen Eindruck…


Die Bronx wird das Viertel genannt, aber es ist kein Stadtteil von New York, sondern ein Arbeiterviertel am Rande von Neapel, wo Ende der 80er Jahre in der Not nach dem Erdbeben von 1980 große Sozialwohnungskomplexe überstürzt und schlecht gebaut wurden. cNach 40 Jahren des Wartens und sieben Jahren des Kampfes für den Bau besserer Wohnungen können die Bewohner des Viertels heute endlich feiern. Die baufälligen Gebäude werden durch neue, kleinere ersetzt, mit Grünflächen und Sportplätzen. Der Abriss bedeutet aber auch den möglichen Verlust der Wandgemälde von Jorit, dem weltbekannten Straßenkünstler, der diesem vergessenen Ort Schönheit und Identität verliehen hat, darunter das weltweit größte Wandgemälde von Maradona. Nach dem großen Interesse in der Bevölkerung an dem Wandgemälde hat der Stadtbaurat von Neapel zugesichtet, das Kunstwerk erhalten zu wollen. „Wir werden dafür sorgen, dass der Abriss dieser Mauer kontrolliert erfolgt, um alle Teile zu bergen, die an einem Ort wieder zusammengesetzt werden können, natürlich in diesem Viertel“, so Laura Lieto vom Stadtbaurat Neapel (https://de.euronews.com/2024/02/05/neapel-reisst-seine-bronx-ab-bewohner-furchten-um-ihren-maradona).




Am Abend machen wir Neapel ein wenig unsicher und steuern zunächst den Hügel Vomero an, wo sich das Castel Sant‘Elmo, eine militärische Festungsanlage, befindet. Schon der Weg zur Standseilbahn (funicolare) ist voller interessanter Eindrücke und phantastischer Ausblicke über die Stadt.









Vom Castel aus hat man wirklich einen atemberaubenden Blick über Neapel.


Den Rückweg bestreiten wir zu Fuß…


Eine der vielen Maradona Gedenkstätten. Hier im spanischen Viertel.



Wir genießen noch eine Jause im Spanischen Viertel (der typischste und quirligste Teil von Neapel) und spazieren über das Castel Nuovo zur U-Bahn-Station. Mit der U-Bahn geht‘s zurück zu unserem Hotel im Bahnhofsviertel.



BUONA NOTTE!!!
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