6. Tag: Anzio – Rom, 79 km, 830 Hm

Ein Sonnenaufgang über dem Yachthafen von Anzio lässt den Tag gut beginnen. Meine Kinder Marie und Gianni sind zumindest bei jedem Sonnenauf- und Sonnenuntergang in Gedanken mit auf meinen/unseren Reisen…

Den nostalgischen Lift in unserer Unterkunft „La Maison sul Porto“ in Anzio muss ich unbedingt vor der Abfahrt noch festhalten!

Erst heute können wir den reizvollen Hafen von Anzio erst so richtig genießen. Gestern waren wir dazu einfach zu erschöpft…

Schnelles Frühstück „all‘angolo“ (= an der Ecke)…

Wir verlassen Anzio über die „geflickte“ Via Cupa dei Marmi in nordöstlicher Richtung und wundern uns über den schlechten Zustand der Straße, weil wir ja perfekte Verhältnisse aus Süditalien gewohnt sind.

Durch grüne Tunnels „cruisen“ wir voller Elan dahin…

In der Gegend um Padiglione auf der Via Selciatella geben die dunkelbraunen, vertrockneten oder verbrannten?? Pinien ein trauriges Bild ab.

Die Via Selciatella in schlechtem Zustand und Müllanhäufungen am Straßenrand…

Die Gegend um Genio Civile südöstlich von Rom ist nicht gerade einladend und ich bin wieder mal froh, Harald an meiner Seite zu haben. Hunderte leere Flaschen im Straßengraben, verbrannte Flächen und Pinien, verfallene Gebäude, ausgebrannte Fahrzeuge, moderne Sklavenarbeit auf den Feldern…

Ein paar Kilometer weiter, in der Nähe von Aprilia, sieht die Lage schon wieder ganz anders aus…

Landwirtschaftlich geprägte Gegend östlich von Aprilia… Wein, Mais, Sonnenblumen und Soja werden hier angebaut.

Von Aprilia bis Lanuvio müssen wir in Richtung der Colli Lanuvini, die zu den südlichen Ausläufern der Albaner Berge zählen, einen beachtlichen Höhenunterschied überwinden und kommen an unsere körperlichen Grenzen…

Bei der kleinen Kirche Santa Maria delle Grazie südlich des Stadtzentrums müssen wir eine Pause einlegen, bevor die Straße noch steiler wird. Die Kirche war einst Teil eines Franziskanerkonventes, wurde im Jahre 1523 in Renaissanceformen errichtet und enthält ein Bild der namengebenden Maria mit Kind (https://de.wikipedia.org/wiki/Lanuvio).

Der mittelalterlichen, teils gestützten und ausgebesserten Stadtmauer entlang, kurbeln wir uns dem geschichtlich interessanten Stadtzentrum entgegen…

Die umfassende mittelalterliche Stadtmauer mit fünf Rundtürmen geht auf die Zeit nach 1347 zurück. Sie schließt Teile der antiken Mauer ein (https://de.wikipedia.org/wiki/Lanuvio).

Lanuvio ist ein beschauliches Städtchen mit reicher Geschichte, für das wir uns allerdings nur kurz Zeit nehmen, da unser heutiges Tagesziel ja Rom ist und wir noch ca. 34 Kilometer vor uns haben.

Lanuvio liegt 34 km südöstlich von Rom und 37 km nordwestlich von Latina. Der historische Ortskern von Lanuvio liegt auf einem Hügel der Colli Lanuvini, den südlichen Ausläufern der Albaner Berge, mit einem beherrschenden Blick über die Ebene bis hin zum Meer. Das Gemeindegebiet erstreckt sich über eine Höhe von 64 m s.l.m. bis 326 m s.l.m. und reicht bis in die Pontinische Ebene. Lanuvio gehört zu den Gemeinden der Castelli Romani. Die Gemeinde liegt in der Erdbebenzone 2 (mittel gefährdet). Das antike Lanuvium war ein Mitglied der Latinischen Liga und blieb bis zur Eroberung durch Rom 338 v. Chr.unabhängig. Anfangs erhielt Lanuvium nicht das römische Bürgerrecht, später dann doch; noch in kaiserlicher Zeit trugen der oberste Magistrat und der Gemeinderat die Titel Diktator beziehungsweise Senat. Lanuvium war berühmt für seinen reichen und stark frequentierten Tempel der Juno Sospita, von dem sich Octavian 31 v. Chr. Geld lieh, und für seine Besitzungen, die sich bis an die Küste erstreckten. Der Kult der Juno geht auf den archaischen Kult einer Ziegengöttin zurück. Lanuvium besaß weitere Tempel, die Antoninus Pius, der ebenso wie Commodus in der Nähe geboren wurde, restaurieren ließ. Reste des alten Theaters und der Stadtmauern existieren noch in der modernen Stadt; Die Akropolis der ursprünglichen Stadt lag vermutlich auf dem höchsten Punkt wenig nördlich des Tempels. Die Umgebung der Stadt, die jetzt aus Weingärten besteht, enthält Reste vieler römischer Villen, von denen eine traditionell Antoninus Pius zugerechnet wird. Mit der Schließung des Tempel der Juno Sospita, der gut ein Jahrtausend das pulsierende Herz Lanuviums gewesen war, durch die Edikte des Kaisers Theodosius I. 391, begann der Verfall der Stadt. Im Mittelalter wurde am Orte ein Benediktinerkloster gegründet. 1564 kaufte Giuliano Cesarini den Ort für 105.000 Scudi den Colonna ab. 1870 kam Lanuvio als Teil des Kirchenstaates zum Königreich Italien. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt Lanuvio am 17. Februar 1944 durch einen Bombenangriff beim Vormarsch der Alliierten starke Zerstörungen.(https://de.wikipedia.org/wiki/Lanuvio).

Durch die Pinien-Allee der Via Giovanni XXIII geht es aus dem Stadtzentrum von Lanuvio hinaus.

Kurze Zeit später ist eine Pipi- und Jausenpause am Straßenrand angesagt…

Kleine Verirrung und viel Verkehr in Genzano di Roma am Nemisee.

Wir durchqueren das grüne Band des Monte Cavo, der zwischen dem Nemisee und dem Albaner See liegt.

Im Gebiet des Monte Cavo liegt auch die Casa Divin Maestro (= Haus des heiligen Meisters), ein Einkehrhaus, sowie eine religiöse Herberge mit 70 Zimmern, die zwischen Preisen von 10€ und 1000€ schwanken. Hier unterzieht sich der Papst seinen alljährlichen fünftägigen Exerzitien (https://de.catholicnewsagency.com/tag/casa-divin-maestro).

Von der Casa Divin Maestro hat man einen wunderschönen Blick über den Albaner See zum Castel Gandolfo mit den 30 Hektar großen Barberini Gärten. Das Castel ist die Sommerresidenz des Papstes.

Wir fahren die Seestraße weiter und genießen den traumhaften Blick über den Kratersee.

Wir beschließen spontan, zum See hinunter zu fahren, um dort eine Pause mit Abkühlung zu machen.

Die Pause am und im See hat gut getan und überraschenderweise finden wir danach einen Tunnel, der uns aus dem Kraterbereich hinausführt!! Dadurch ersparen wir uns den Aufstieg zum Kraterrand, den wir befürchtet haben!!! Juhuuu!!!

Wir folgen für ein paar Kilometer der Via Francigena, einer bekannten Pilgerstraße.

Als Via Francigena, auch Frankenstraße oder Frankenweg, werden im weiteren Sinne die alten Fernstraßen bezeichnet, die Pilger auf ihrem Weg vom Frankenreich oder von England aus über das Gebiet des Frankenreichs nach Rom zur Grabstätte der Apostel Petrus und Paulus nutzten.

Endlich gelangen wir zur Via Appia Antica, die uns auf holprigen Wegen direkt in das Zentrum von Rom führen soll. Diese Straße ist ein Muss und ein absolutes Highlight auf unserer Reise.

Die Via Appia Antica, die im gleichnamigen Park liegt, birgt mit ihrer 2.300 Jahre alten Geschichte ein historisches, archäologisches und architektonisches Erbe, das weltweit einzigartig ist. Ein Spaziergang oder eine Radtour zwischen diesen außergewöhnlichen Überresten der Vergangenheit ist ein unvergessliches Erlebnis, das man mindestens einmal im Leben machen sollte. Die Via Appia wurde 312 v. Chr. vom Zensor Appius Claudius Caecus (lateinisch caecus = „der Blinde“ ) geplant: er wollte eine Straßenachse bauen lassen, um Rom schnell mit Capua zu verbinden, damit die Truppen während des Zweiten Samnitischen Krieges (326-304 v. Chr.) nach Süden verlegt werden konnten. Später wurde die Route bis zum Hafen von Brindisi verlängert, um eine direkte Verbindung nach Griechenland, dem Osten und Ägypten für militärische Expeditionen, Reisen und Handel zu schaffen. Damit wurde die Via Appia Antica zur „Regina Viarum“ (Königin der Straßen), der wichtigsten Straße der Römerzeit. Heute sind die ersten Kilometer nicht mehr sichtbar, aber ab der Kreuzung mit der Via Ardeatina, an der Kirche Domine, quo vadis?, beginnt eine lange gerade Strecke, an deren Rand sich Hunderte von antiken Monumenten befinden. Im Jahr 189 v. Chr. wurde die alte Pflasterung durch das ersetzt, was wir heute noch sehen können, die große Basaltsteine, die gut poliert und äußerst widerstandsfähig gegenüber der Durchfahrt von schweren Fahrzeugen und Menschen sind. Der Weg war etwa 4,10 m breit, um den Durchgang in beide Richtungen zu erleichtern, und die breiten Bürgersteige waren im Allgemeinen mit Grabmälern übersät. All dies war von einer üppigen Landschaft umgeben, in der sich Bauerndörfer befanden, die später durch große Patriziervillen wohlhabender Römer ersetzt wurden, die sich abseits des städtischen Trubels erholen wollten. Später wurde die Via Appia Antica auch stark von Pilgern frequentiert, die nach Rom kamen, um die christlichen Heiligtümer zu besuchen und zu beten, die sich außerhalb der Stadtmauern in der Nähe der Katakomben befanden. Vom 4. bis zum 6. Jahrhundert erlebte die Via Appia jedoch aufgrund von Kriegen, Invasionen und Enteignungen eine Phase des Verfalls. Auch die Leichen der Märtyrer wurden innerhalb der Stadt bewegt. Als die Kirche das römische Umland in Besitz nahm, entstanden kleine, völlig autarke Dörfer mit Bauernhäusern, Türmen, Kirche, Wohnungen, Ställen, Mühlen und Gemüsegärten. Die Straße wies alle Merkmale eines typischen mittelalterlichen Weges auf, und die antiken römischen Gräber wurden als Türme, als bewaffnete Wachposten, von denen aus das Gebiet kontrolliert wurde, wiederverwendet. Dazu gehörten das berühmte Grabmal der Caecilia Metella und das Nymphäum der Villa der Quintilier, das von der Familie Caetani als Wachturm umgebaut und wiederverwendet wurde. Zwischen 1302 und 1303 gelangte die Familie Caetani auch in den Besitz des Gebiets von Capo di Bove, das zum Bau einer großen Festungsanlage genutzt wurde: dem Castrum Caetani. Hier wurden Waren und Reisende durchgeschleust, die mit hohen Mautgebühren belastet wurden, so dass die Straße in jenen Jahren weiter aufgegeben und durch eine alternative Route ersetzt wurde. Darüber hinaus trugen die Wiederverwendung von Materialien für neue Bauwerke und das Interesse von Gelehrten und Antiquitätenhändlern an antiken Artefakten zu einer weiteren Verwüstung und dem daraus resultierenden Verfall bei. So wurde beispielsweise 1589 der Abriss des Grabmals der Caecilia Metella nur knapp verhindert, um Baumaterial für die Villa d’Este in Tivoli zu gewinnen. Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert begann die Ära der so genannten Grand Tour, der Italienreise, die die Söhne des europäischen Adels unternahmen, um zu lernen, wahre Gentlemen zu sein. Eine der unumgänglichen Stationen war Rom, wo die jungen Männer antike Ruinen besichtigten und Kunstwerke und schöne Souvenirs kauften. Zu den berühmtesten Reisenden gehörten der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang Goethe und die englischen romantischen Dichter und Freunde John Keats und Percy Bysshe Shelley. Im Jahr 1851 wurde dank Papst Pius IX. ein umfangreicher Restaurierungsplan für die Appia Antica in Angriff genommen, der es den Besuchern ermöglichte, sie wie in einem unvergleichlichen Freilichtmuseum zu begehen und ihre Monumente zu bewundern (https://turismoroma.it/de/places/appia-antica).

Uns bleibt vor Staunen der Mund offen, als wir durch dieses längste Museum der Welt radeln, vorbei an Monumenten, historischen Bauten, Villen und Grabdenkmälern.

Vorbei an der Basilica di San Sebastiano, wo gerade eine Hochzeit stattfindet, geht es auf Pflastersteinen weiter bis zur Porta San Sebastiano, wo di Via Appia Antica von Rom ausgehend beginnt.

Ein schöner Radweg führt uns entlang der Viale di Porta Ardeatina zu den Caracalla-Thermen.

Auf unserer Fahrt zum Kolosseum staunen wir über das gute Radwegenetz unter jahrhundertealten Pinien vorbei am Zirkus Maximus und anderen Sehenswürdigkeiten

Endlich erreichen wir unser heutiges Tagesziel: Das beeindruckende Kolosseum in Rom!! Wir sind MEGAHAPPY, aber auch ehrfürchtig vor diesem imposanten und geschichtsträchtigen Bauwerk.

Auf der Fahrt zu unserer Unterkunft in der Nähe der Piazza Navona.

Eine der wenigen, günstigeren und eher bescheidenen Unterkünfte in Rom, das Hotel „Navona Stay“…

Wir nehmen ein nicht unbedingt typisch römisches Abendessen (Fior di Zucca fritti = frittierte Kürbisblüten) in der Cantina Romana ein.

Limoncello, Zitronensorbet und alles, was mit Zitronen zusammenhängt, verkauft sich hier gut und vor allem TEUER!!

In Badeschlapfen (aus Mangel an anderem Schuhwerk) schlendern wir noch durch die nächtlichen Straßen Roms…

BUONA NOTTE!!

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