Wir frühstücken um 7:30 in unserer Unterkunft und starten unseren ersten eigentlichen Radtag relativ spät um ca. 8:00 Uhr.





Den Tipp von Mino nehmen wir an und besichtigen das Santuario Madonna della Scala, eine Kirche, die tief in einer Schlucht, der Gravina Madonna della Scala, im 17. Jahrhundert gebaut wurde.



















Wir folgen der Beschilderung des Pilgerwegs, bemerken allerdings bald, dass wir dadurch einen großen Umweg und viel mehr Höhenmeter in Kauf nehmen müssen…


Trotz Hitze halten wir durch und folgen der grün-gelben Beschilderung…




Hier im Hinterland ist die Hitze noch massiver…



Wie in jedem Dorf, gibt es auch in Mottola einen Trinkbrunnen. Die Einheimischen kommen hier her, um ihre Kanister und 5l-Flaschen aufzufüllen und wir, um uns eine Ganzkörper-Dusche zu gönnen…







Wir fahren beim Friedhof von Mottola vorbei, den man auch an den typischen Friedhofsbäumen, den Zypressen, erkennt. Ich denke an Claudia, deren Lebensbaum die Zypresse ist…



Die Sonne knallt auf uns herab und ich kühle meinen Kopf mit Haralds Stirnband, das ich immer wieder in Wasser tränke. Es schaut zwar belämmert aus, hilft aber ein wenig.



Auf der Straße nach Palagianello…


Toller Asphalt kurz vor Palagianello!


Um etwa 12:00 Uhr ist der Ort Palagianello wie ausgestorben. Kein Wunder allerdings, bei der Hitze!!



Von Palagianello aus folgen wir einem gepflegten, weißen Radweg in Richtung Westen.


Auch hier durchqueren wir die für diese Gegend typische Landschaftform der Gravine oder im Überbegriff auch als Murge bezeichnet.
Murge bedeutet „hohes felsiges Land“ und ist eine Kalkhochebene in der Mitte Apuliens und im Osten der Basilikata. Das Gebiet liegt hauptsächlich in der Metropolitanstadt Bari im Norden und im Süden in den Provinzen Tarent und Brindisi. Sie liegt zwischen dem Lauf des Flusses Ofanto im Norden und der sogenannten messapischen Schwelle (eine Senke, die an der Linie Taranto–Brindisi entlang läuft und die Murge vom Salento trennt) im Süden. Sie unterteilt sich in Murge basse, den felsigsten Teil, und Murge alte, wo die Erde fruchtbar ist. In dieser Region gibt es keinen Wasserlauf an der Oberfläche, aber reiche unterirdische Wasserläufe und auffällige Karst-Phänomene: die großartigsten sind die Grotten von Castellana. Die wichtigsten Zentren sind: Alberobello, das berühmt für die Eigenschaften seiner Wohnungen, der sogenannten Trulli, ist Martina Franca, Altamura, Gravina in Puglia, Gioia del Colle, Ruvo di Puglia, Acquaviva delle Fonti (übersetzt: reich an Grundwasser), Ostuni, Cisternino, Noci und Matera. (https://de.wikipedia.org/wiki/Murge).


Der Radweg zieht sich geradlinig durch die Landschaft und wir radeln einsam triefend dahin…





Eine Zugsunterführung bringt etwas Abwechslung und Schatten…



Der Radweg geht nach der Unterführung in einen schönen Singletrail über.


Gravine und nochmals Gravine… Hier überspannt eine Eisenbahnbrücke eine solche Schlucht…

Wir befinden uns durch Zufall wieder auf unserem Pilgerweg, obwohl wir das Pilgern bereits verworfen haben…. Ab einem gewissen Punkt wird dieser Weg aufgrund von Dornen und Gebüsch unbefahrbar. Das trifft sich gut, denn hier müssen wir sowieso links in die Strada Comunale 65 abbiegen. Wir befinden uns südlich von Castellaneta.



Auf der Straße im Nirgendwo erblicken wir ein Fahrverbotsschild und verbinden damit schlechte Erinnerungen. Wir fahren leicht verunsichert daran vorbei, als bald darauf noch zwei Schilder folgen und wenig später zwei weitere… Wir ignorieren einfach alle Warnungen, folgen der Straße bergab und erwarten schon das Schlimmste. Das Schlimmste wäre, wenn eine Brücke einfach nicht mehr existieren würde und wir nicht weiterfahren könnten, so wie es uns bereits in der Molise passiert ist. Es ist dieses Mal nicht ganz so schlimm, aber zunächst scheint die Lage aussichtslos zu sein, denn ein Arbeiter ruft uns von der Asphaltiermaschine zu, dass wir hier nicht fahren können und umdrehen müssen. Ich flehe ihn an und rufe ein wenig bestimmend, dass wir genau HIER entlang fahren MÜSSEN, weil wir sonst in der Hitze umkommen würden und keine andere Alternative hätten. Er erbarmt sich unser und lässt uns die Räder über den kochenden Asphalt schieben. Unsere Reifen, aber auch die Sohlen unserer Schuhe laufen Gefahr sich aufzulösen und geben seltsame Brutzelgeräusche von sich. Schweißgebadet, aber glücklich, dass wir den Schock überstanden haben, setzen wir unsere Reise fort…





Schöne Trockenmauern säumen unseren Weg.




Bei Radreisen scheinen Farben von Pflanzen und Blumen noch intensiver und eindrucksvoller zu sein. Diese Disteln, die der trockenen Landschaft einen Farbklecks verpassen und als Unkraut gedeihen, sind bei näherer Betrachtung wunderschön.



Die anstrengendste Steigung liegt direkt vor uns und stellt in der Mittagshitze bei 38 Grad eine ziemliche Herausforderung dar.



Wir kämpfen uns von Schattenplatz zu Schattenplatz…




Oben angekommen befinden wir uns auf einem weitläufigen Hochplateau, wo Kühe weiden.







In dieser Gegend fahren nur selten Autos an uns vorbei und die Straßen sind in einem hervorragendem Zustand! Ein wahres Radvergnügen!!


Um etwa 13:30 Uhr kommen wir nach ca. 50 Kilometern überhitzt und ziemlich erschöpft in Laterza an, wo wir unsere Mittagspause einlegen.

Wir essen im einzig geöffneten Lokal der Ortschaft bei Vito und seiner Frau. Vito ist ein Pizzakoch-Champion und zeigt uns stolz seine ausgefallenen Pizza-Kreationen. Sein Freund Leonardo ist Chef der Pizzeria „Da Leonardo“ in Lienz. Die Welt ist wirklich klein…


Bei Vito hält sich auch Francesco auf, der uns mit seinem in dieser Gegend sehr beliebten E-Bike den Weg zum Trinkbrunnen weist. Er meint, das Schild „Kein Trinkwasser“ sei nur dazu da, um Leute abzuschrecken, damit nicht alle hierher kommen, um Wasser zu holen. In Wirklichkeit könne man das Wasser aber trinken.



Ich kann leider nicht widerstehen… Das Wasser ist eiskalt und sooooo erfrischend!!



Den Nachmittag verbringen wir hier im Schatten auf unseren Matten, kühlen uns immer wieder ab und werden Zeugen von „Wasserraub“ im großen Stil…








18:00 Uhr: Es wird Zeit, diese beinahe heilige Stätte zu verlassen…


Wir entfernen uns von Laterza auf der Via per Matera (so heißt sie wirklich) in nordwestlicher Richtung und haben noch ca. 25 Kilometer vor uns.



Wir haben Glück, es ist fast windstill…

Nach etwa 5 Kilometern mündet die Straße in die relativ stark befahrene und schmale SS 7 Appia, die sich aber, aus Laterza kommend, nicht wirklich umfahren lässt.
Hier verläuft die Grenze zwischen Apulien und der Basilika!


Zwischendurch beruhigt sich der Verkehr und ich nütze die Gelegenheit zum Fotografieren…



Überraschenderweise entstehen hier während der Fahrt schöne Bilder von dem kargen Land…
Die Basilikata wurde im 19. Jahrhundert zu großen Teilen entwaldet, was zu großen Auswirkungen auf den Boden, die Wasserführung und das Kleinklima hatte. Gründe dafür waren das in dieser Zeit extreme Bevölkerungswachstum und die extensiven landwirtschaftlichen Anbau- und Viehzuchtmethoden, die zu einem exzessiven Landhunger führten (https://www.erdkunde.uni-bonn.de, Band XI, S. 289).




Kurz vor Matera biegen wir links ab und müssen eine zeitlang bergauf fahren, um auf ein Hochplateau zu gelangen. Hier befinden wir uns im „Parco Regionale Archeologico Delle Chiese Rupestre del Materano“, also im archäologischen Regionalpark der Höhlenkirchen von Matera.







Auch wenn wir uns verfahren haben und von hier aus den Weg nach Matera nicht finden, hat sich der Abstecher allemal ausgezahlt. Der Ausblick auf Matera bei Sonnenuntergang ist einfach atemberaubend schön!!







Bei einbrechender Dunkelheit erreichen wir etwas gestresst Matera. Gestresst deswegen, weil unser Unterkunftgeber nur bis 21:00 Uhr da ist, wir den Weg nicht gleich finden und sich zu guter Letzt auch noch mein Gepäckträger lockert.


Wir erreichen unser Quartier nach mehreren Telefonaten etwas verspätet um 21:10 Uhr! Bei den engen Gässchen in den „Sassi“, wie man die Höhlensiedlungen in Matera bezeichnet, gibt unser Navi den Geist auf… Umso glücklicher sind wir, als wir unsere geräumige Höhle im Viertel Sasso Caveoso beziehen.





Spät schlendern wir noch durch die verwinkelten Gassen der beeindruckenden Stadt, buchen eine Führung für den morgigen Tag und gönnen uns noch ein Nachtmahl in einem schön gelegenen Restaurant.


BUONA NOTTE!!
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